Petra J. Roosje, DVM, PhD, DECVD
Lesen Sie die englische Übersetzung: Canine Pododermatitis
Einführung
Pododermatitis ist eine häufige, chronische, entzündliche Erkrankung der Pfotenhaut mit sehr unterschiedlicher Ätiologie. Die klinische Aufarbeitung einer Pododermatitis kann langwierig sein, wobei eine schrittweise Diagnostik, die (diagnostische) Therapie, respektive das Ansprechen auf Therapie zu einer Diagnose und / oder einem langfristig erfolgreichen Management führen. Wichtig ist es, die zugrundeliegende Ursache zu eruieren. Die klinischen Symptome sind die Resultante der ätiologischen Erkrankung, sekundärer bakterieller oder Malassezia Infektion, Haltungsfaktoren und der Anatomie der Pfote des Hundes. Bei chronischer Pododermatitis kann die Entzündungsreaktion zu Vernarbungen oder Missbildungen der Pfoten und letztlich zu einem Teufelskreis führen.
Klinischer Vorgang
Signalement
Erbkrankheiten sowie Automutilation der Pfoten (sensorische Neuropathie) kommen glücklicherweise selten vor. Symptome von exzessivem Lecken und Beissen beginnen schon im ersten Lebensjahr und sind beschrieben bei folgenden Rassen: Englischer Springer Spaniel, Französische Spaniel, Englischer Pointer und Deutscher Kurzhaarvorstehhund. Bei der Anatomie der Pfoten wurde bemerkt, dass Hunde mit eher "flachen Pfoten" mit viel interdigitaler Haut (bzw. Labrador und Bulldoggen) gefährdeter sind für chronische Pododermatitis als Hunde mit eher schmalen Pfoten wie Border Collie oder Greyhounds.1
Anamnese
Pruritus: Es ist wichtig zu wissen, ob der Juckreiz (lecken-beissen-nagen) vor der Entwicklung der Hautveränderungen eintrat und ob dieser Juckreiz intensiv war oder nicht. Die Anwesenheit von Juckreiz vor der Entwicklung der Hautveränderungen deutet eher auf parasitäre Infektionen, allergische Geschehen oder eine lymphoplasmazelluläre Pododermatitis hin. Bei Autoimmunerkrankungen wie Pemphigus foliaceus ist der Juckreiz meistens weniger ausgeprägt und entwickelt sich stärker im Verlauf der Erkrankung. Hunde mit einer atopischen Dermatitis oder einer Futtermittelsensitivität können so starken Juckreiz haben, dass sie am Ballenrand beissen oder nagen (anstelle von lecken), was zu Ulzerationen und sekundärer Entzündung führen kann. Weitere Symptome: Obwohl die Pododermatitis im Vordergrund steht, sind Informationen zu eventuell anderen Hautproblemen, Otitis externa oder systemischen Problemen wie gastrointestinale Probleme wichtig (Kotkonsistenz und Frequenz, Flatulenz, Erbrechen).
Auslandanamnese: Liegt eine Auslandanamnese vor gehören auch Leishmaniose oder eventuell spezielle Parasiten zur Differenzialdiagnose.
Haltung: In seltenen Fällen kann eine Hakenwurminfestation zu einer Pododermatitis führen. In einer neueren koprologischen Studie bei Hunden in der Schweiz wurden regelmässig Hakenwürmer diagnostiziert, vor allem bei Tieren aus einer ländlichen Umgebung.2 Daher gehören Informationen zum Entwurmungsstatus und die Frequenz und Typ der Ektoparasitenmittel zur Anamnese. Allerdings schliesst eine Entwurmung nicht jede parasitäre Infektion aus.
Adspektion
Obwohl für die Besitzer das Problem die Pfoten sind, ist es wichtig den Allgemeinzustand zu beurteilen und den ganzen Hund inklusive Maul und Ohren auf weitere Hautveränderungen zu untersuchen. Der Allgemeinzustand kann beeinträchtigt sein, beispielsweise bei einem hepatokutanen Syndrom. Bei der Anamnese und Untersuchung vermerken wir, wo genau die Hautveränderungen sind und ob nur eine Pfote oder mehrere Pfoten betroffen sind. Veränderungen, welche primär die verhornte Haut der Ballen oder Ballenübergang betreffen, können durch spezifische Hauterkrankungen (Beispiele: vererbte Keratinisationsstörung, hepatokutanes Syndrom, Autoimmun-Dermatosen) hervorgerufen werden. Bei einem allergischen Geschehen oder einer idiopathischen Pododermatitis ist vor allem die dorsale und palmäre oder plantäre interdigitale Haut betroffen. Eher frühe Veränderungen zeigen Erythem, Hypotrichose, Alopezie, Erosionen, verfärbte Haare mit oder ohne interdigitale Knotenbildung. Bei eher chronischen Problemen sind auch Hyperpigmentation, Zellulitis, Lichenifikation, Ulzerationen, Vesikel, Komedonen und eventuell Fistelbildung vorhanden. Serohämorragischer oder hämopurulente Flüssigkeit kann austreten. Eine Deformation und Fusion der Ballen kann dabei auftreten.
Diagnostik
Die Tabelle 1 fasst die Differentialdiagnose der Pododermatitis zusammen.
Basierend darauf, sollte die minimale diagnostische Datenbasis folgende Untersuchungen beinhalten: tiefes Geschabsel, Trichogramm, Zytologie der Oberfläche (Abklatsch Präparat) und evtl. Zytologie einer Feinnadelaspiration von intakten Pustel, Vesikel oder Knötchen.
Idiopathische Pododermatitis
Trotz einer kompletten diagnostischen Aufarbeitung kann nicht immer die Ursache für die Pododermatitis eruiert werden. Diese Restgruppe hat einen heterogenen Hintergrund.4 In der Praxis besteht diese Gruppe aus Patienten wo folgende Tests negativ sind: Geschabsel, Trichogramm, Zytologie von Abklatsch, diagnostische Therapie für Bakterien oder Hefepilze, Eliminationsdiät und Serum Allergie Test (SAT), allgemeine Blutuntersuchung inkl. T4 und cTSH. In der Histologie ist eine perivaskuläre lymphoplasmazelluläre Infiltration vorhanden.
Klinische Symptome umfassen interdigitale Läsionen mit Juckreiz, Schmerzen, Erythem, und Alopezie. Viele Tiere verbessern sich wenig auf eine lange Antibiotikatherapie und sprechen besser an auf Cyclosporin (5 mg/kg/d, p.o.) und Prednisolon (Anfangsdosierung 1.5-2 mg/kg/d, p.o.) mit zusätzlicher lokaler Therapie. Diese Tiere können selten geheilt werden, sondern müssen chronisch behandelt werden. Hilfreich kann eine Gewichtsreduktion sein, wenn sie übergewichtig sind. Eine frühe aggressive Therapie und "Management" verhindert, dass diese Tiere deformierte Pfotenhaut mit Taschenbildung und Zysten entwickeln. Diese "Hauttaschen" bilden sich vor allem an der palmaren Seite und bilden eine Nische für übermässiges Bakterien- und /oder Hefewachstum. Die "lebenslange" Behandlung sollte massgeschneidert sein für jeden Patient und seinen Besitzer. Bis ein "steady state" erreicht ist, braucht es regelmässige Kontrollen. Es lohnt sich zu Beginn eine ausführliche Besitzerinformation über Dauer und Intensität der Behandlung abzugeben.
Tabelle 1. Differentialdiagnosen der Pododermatitis beim Hund.
Infektiöse
Erkrankungen
|
Autoimmun-
dermatosen
|
Allergien
|
Psychogene und
neurologische
Ursachen
|
Verschiedene
Ursachen
|
Idiopathisch
|
Parasitär
|
Andere
|
|
|
|
|
|
Demodikose
|
Bakterielle Infektion
|
Pemphigus foliaceus
|
Futtermittel-sensitivität
|
Sensorische Neuropathie
|
Hypothyreose
|
Lympho-plasmazelluläre Pododermatitis
|
Trombikulose
|
Malassezia--infektion
|
Pemphigus vulgaris
|
Atopische Dermatitis
|
Leckdermatitis
|
Interdigitale follikuläre Zysten
|
|
Hakenwürm Dermatitis
|
Dermatophytose
|
Lupus erythematosus
|
Kontakt-allergie
|
|
Fremdkörper Medikament- reaktion
|
|
Pelodera Dermatitis
|
Saprophytäre Pilzinfektion
|
Bullöses Pemphigoid
|
|
|
Neoplasie
|
|
|
Kryptokokkose
|
|
|
|
Zink-reaktive Dermatose Hepatokutanes Syndrom
|
|
|
Leishmaniose
|
|
|
|
Kontakt-dermatitis
|
|
|
|
|
|
|
Keratinizations-störung
|
|
|
|
|
|
|
Noduläre Dermatofibrose
|
|
References
1. Whitney J. J Small Anim Pract 1970;11: 83.
2. Sager H, et al. Parasitol Res 2006;98:333.
3. Loeffler A, et al. Vet Dermatol 2007; 18:412.
4. Breathnach RM, et al. Vet Dermatol 2005, 16: 364.