Claudia E. Reusch, Dr.med.vet, Prof., DECVIM-CA
Lesen Sie die englische Übersetzung: Trilostane--A Review of a Success Story
Einleitung
Bei Hunden, die unter einem Hyperadrenokortizismus (HAK) leiden, hängt die zu wählende Therapie von verschiedenen Faktoren ab: Art des HAK (hypophysärer HAK, adrenokortikaler HAK), Alter und Zustand des Patienten und zusätzliche Erkrankungen. Kosten und Verfügbarkeit der Behandlungsmethode, sowie die Bereitschaft des Besitzers zu Verlaufskontrollen zu kommen, sind ebenfalls wichtige Gesichtspunkte. Im Fall eines adrenokortikalen HAK ist die Adrenalektomie prinzipiell die Methode der Wahl. Da sie jedoch technisch nicht ganz einfach und häufig mit postoperativen Komplikationen assoziiert ist, wird oft die medikamentöse Therapie vorgezogen.
Bei Menschen mit hypophysärem HAK wird meist eine transphenoidale Hypophysektomie durchgeführt. Diese Methode kommt beim Hund selten zur Anwendung, sie ist sehr aufwendig und wird momentan nur von wenigen Spezialisten beherrscht. Für die Zukunft hat diese Technik jedoch Potential und könnte sich auch für den Hund (und die Katze) bald als Methode der Wahl erweisen.
Mitotane galt lange als die medikamentöse Standardtherapie für den HAK (beide Formen). Mitotane führt zu einer selektiven Nekrose der Nebennierenrinde, die je nach verwendetem Dosierungsschema entweder partiell oder komplett ist. Die Wirksamkeit von Mitotane ist sehr gut und mehr als 80% der Hunde mit der hypophysären Form haben keine oder nur noch sehr geringe klinische Symptome. Die Nachteile von Mitotane sind Gefahr der Entwicklung einer Nebennierenrindeninsuffizienz, mögliche Unverträglichkeit und relativ hohe Rückfallquote.
Aufgrund dieser Problematik wurden immer wieder Medikamente für ihre mögliche Eignung evaluiert. In den meisten Fällen war die Wirksamkeit sehr beschränkt. Der Einsatz von Trilostan jedoch hat sich zu einer wahren Erfolgsgeschichte entwickelt. Der erste Bericht über einen erfolgreichen Einsatz bei 13 Hunden mit hypophysärem HAK und 2 Hunden mit adrenokortikalem HAK stammt aus dem Jahr 1998.1 Seither hat das Medikament eine grosse Verbreitung erfahren, insbesondere in den europäischen Ländern. Anfangs wurde das humanmedizinische Präparat Modrenal verwendet, mittlerweile ist Trilostan in vielen Ländern offiziell für den Einsatz beim Hund unter dem Namen Vetoryl registriert.
Wirkungsweise und Pharmakologie
Aufgrund von Untersuchungen beim Menschen und verschiedenen Nagerspezies ist bekannt, dass Trilostan ein kompetitiver Inhibitor der 3-Hydroxysteroid-Dehydrogenase (3HSD) ist. Dieses Enzymsystem ist verantwortlich für die Umwandlung von Pregnenolon zu Progesteron in der Nebenniere. über verschiedene biochemische Wege entstehen aus Progesteron die Hormone Kortisol, Aldosteron und Androstendion. Dadurch, dass Trilostan die Synthese von Progesteron blockiert, blockiert es die Synthese der Endprodukte. Vor kurzem wurde nachgewiesen, dass Trilostan auch beim Hund zu einer Hemmung der 3HSD führt. Es sieht jedoch so aus, als ob dies nicht die einzige Wirkung ist. Es scheint zusätzliche Wirkungen weiter distal in der Enzymkaskade zu geben und wahrscheinlich auch in Bezug auf die Interkonversion von Kortisol zu Kortison.2,3
In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass es unter Behandlung mit Trilostan zu einem signifikanten Abfall der basalen und ACTH-stimulierten Kortisolkonzentration kommt.4,5,6 Daraus resultiert ein Verlust der negativen Rückkoppelung und es kommt zu einem Anstieg des endogenen ACTH.2,7 Trilostan beeinflusst nicht nur die Hypopyhsen-Nebennierenrindenachse sondern auch die Renin-Aldosteron Achse. Aufgrund der Hemmung der 3HSD kommt es zu einem Abfall der Aldosteronkonzentration, der deutlich geringer ist als derjenige von Kortisol.8 Der Abfall genügt jedoch, um einen Anstieg der Reninaktivität hervorzurufen.9
Nach der oralen Aufnahme wird Trilostan sehr rasch resorbiert, die höchsten Blutwerte sind nach 1½-2 Stunden zu verzeichnen, nach 10-18 Stunden ist der Ausgangswert wieder erreicht. Die Blutspiegel zeigen sehr grosse Variabilität, die möglicherweise mit der schlechten Wasserlöslichkeit zu erklären ist. Das Medikament sollte mit Futter verabreicht werden, da dies die Absorption aus dem Magen-Darmtrakt erhöht.
Verwendung von Trilostan bei Hunden mit Hypophysärem HAK
Die Wirksamkeit von Trilostan wurde in mehreren klinischen Studien in Europa und den USA bei insgesamt 244 Hunden untersucht.4,5,6,9,10,11 Ein direkter Vergleich der Studien ist schwierig, da die initialen Dosen, die überwachungsprotokolle und die Dosisanpassungen unterschiedlich waren. Alle Untersucher kamen jedoch zum Schluss, dass Trilostan ein wirksames und sicheres Medikament ist. An unserer Klinik verwenden wir Trilostan seit dem Jahr 1999 und bei Hunden mit hypophysärem HAK hat es Mitotane vollständig ersetzt. In unserer ersten Studie, die 2002 publiziert wurde, konnte bei 82% der Hunde ein vollständiges Verschwinden der klinischen Symptome erreicht werden, bei den übrigen Tieren war eine sehr deutliche Verbesserung sichtbar.5 Die Erfolgsrate ist in den darauffolgenden Jahren etwa gleichgeblieben: 80-90% der Hunde mit hypophysärem HAK sind klinisch gut bis sehr gut kontrolliert. In den anderen oben angeführten Studien lag die Erfolgsrate bei 67%, 77%, 89%, 95% und 100%.
Der Zeitraum zwischen Therapiebeginn und klinischer Verbesserung ist ähnlich wie bei der Verwendung von Mitotane. Es kommt zu einer schnellen Abnahme der Polydipsie und Polyurie und die Hunde sind lebhafter. Die Haarkleid--und Hautveränderungen und der reduzierte abdominale Muskeltonus benötigen länger (Wochen bis Monate). Einige Hunde zeigen zunächst eine kurzfristige Verschlechterung der dermatologischen Probleme. Die Polyphagie bessert sich oft nur marginal.
Initiale Dosis und überwachung
Zu Beginn der "Trilostan-Ära" waren nur Kapseln à 60 mg erhältlich, was eine exakte Dosierung (mg/kg) unmöglich machte. Die Dosis wurde daher von drei Gewichtskategorien bestimmt: Hunde mit einem Körpergewicht < 5 kg erhielten 30 mg SID (½ Kapsel), Hunde zwischen 5 und 20 kg erhielten 60 mg SID (1 Kapsel) und Hunde, die mehr als 20 kg wogen, 120 mg (2 Kapseln). Heutzutage sind Kapseln à 10, 30, 60 und 120 mg erhältlich. Die Herstellungsfirma empfiehlt nach wie vor die Dosierung anhand von Gewichtskategorien, wenngleich diese etwas abgeändert wurde (vor allem für kleine Hunde). Zu Beginn der Therapie muss die Dosis in vielen Fällen angepasst werden, oft auch mehrfach, was relativ häufige Kontrolluntersuchungen notwendig macht. In der Mehrheit der Hunde bleibt die Dosis nach einigen Monaten mehr oder weniger konstant.
Aufgrund der Empfehlung von Endokrinologen aus 7 europäischen Ländern, die im Jahr 2006 ein "Konsensus-Statement" verabschiedet haben, sollte die initiale Dosierung anhand des Körpergewichts gewählt werden, und sich im Bereich von 2-5 mg/kg bewegen. Bei Hunden < 10 kg sollte die Dosis im unteren Bereich angesiedelt werden. Die Gabe sollte 1x täglich am Morgen mit Futter erfolgen. Die Nachkontrollen sollten nach 1-2 Wochen, 4 Wochen, 12 Wochen und dann alle 3 Monate erfolgen, und aus Anamnese, klinischer Untersuchung, Untersuchung der wichtigsten Blutparameter (Harnstoff, Kreatinin, Leberenzyme, Elektrolyte) und der Durchführung eines ACTH-Stimulationstests bestehen . Mittels ACTH-Stimulationstest wird die sogenannte Nebennierenrindenreserve bestimmt, und er ist daher geeignet, das Ausmass der Enzymhemmung abzuschätzen und die Trilostandosis entsprechend anzupassen. Es ist wichtig, dass der Test immer zur gleichen Zeit durchgeführt wird. Laut "Konsensus-Statement" liegt der beste Zeitpunkt bei 2-3 Stunden nach Medikamentengabe, was mit dem Höhepunkt der Trilostanwirkung korrespondiert. Der Zielbereich für Kortisolkonzentration post ACTH liegt zwischen 40 und 150 nmol/l (1.4-5.4 g/dl). Das Urin--Kortikoid:Kreatinin--Verhältnis (UCC) ist als Alternative zum ACTH-Stimulationstest für die Dosisanpassung nicht geeignet.12 Dosisanpassungen sollten in Schritten von 10-30 mg/Hund erfolgen. Die benötigten Trilostandosen variieren sehr stark von Hund zu Hund, was mit unterschiedlicher Aktivität der 3HSD, unterschiedlicher Resorption oder unterschiedlicher Konversion in aktive Metaboliten, wie zum Beispiel Ketotrilostan, zusammenhängen kann.
Aufgrund der kurzen Wirkung haben einige Autoren empfohlen Trilostan BID zu verabreichen.10,11 Die entsprechenden Studien konnten jedoch nicht überzeugend darlegen, dass der Therapieerfolg damit besser ist.
Nebenwirkungen und überlebenszeiten
Die meisten Hunde vertragen Trilostan gut. Nebenwirkungen werden bei 10-15% der Fälle gesehen und sind entweder verursacht durch direkte Wirkung des Medikaments, den Glukokortikoid-Entzug oder eine Nebennierenrindeninsuffizienz. Im Fall einer direkten Medikamentenwirkung oder Glukokortikoid-Entzug, sind die Symptome meist mild und selbstlimitierend; eine Nebennierenrindeninsuffizienz kann sehr schwere Symptome hervorrufen. In jedem Fall von Nebenwirkungen ist es ratsam einen ACTH-Stimulationstest durchzuführen. Bis zum Eintreffen des Resultates sollte die Gabe von Trilostan sistiert und je nach Schweregrad eine symptomatische Behandlung (Infusion, Glukokortikoide) durchgeführt werden. Nach Erholung sollte mit einer reduzierten Trilostandosis weitergefahren werden.
Ein kleiner Prozentsatz von Hunden entwickelt eine lang-dauernde oder sogar permanente Nebennierenrindeninsuffizienz, die eine Supplementierung mit Mineralo- und Glukokortikoiden erfordert. Dieses Phänomen ist wahrscheinlich verursacht durch eine Nekrose der Nebennierenrinde, über die im Rahmen von 2 Fallberichten und einer Fallserie von 7 Hunden, von denen 6 eine Nekrose/Apoptose aufwiesen, berichtet wurde.13,14,15 Eine Nebennierenrindennekrose kann mit den bisher bekannten Wirkmechanismen von Trilostan nicht erklärt werden. Wir nehmen aufgrund der Resultate einer experimentellen Studie an, dass die ansteigende ACTH-Konzentration für die Nekrose verantwortlich ist.16 Dies passt zu einer kürzlich geäusserten Hypothese, dass hohe ACTH-Spiegel zum Nachweis einer Trilostan-überdosierung hilfreich sein können.9
Bisher beschäftigten sich zwei Studien mit der Frage nach der überlebenszeit, sie betrug 662 Tage (Median) bzw. 930 Tage (Mittelwert).10,17
Verwendung bei Hunden mit Adrenokortikalem HAK und Felinem HAK
Die Beschreibung einer kleinen Zahl von Fällen und unsere eigene Erfahrung weist darauf hin, dass Trilostan zur Behandlung von Hunden mit adrenokortikalem HAK geeignet ist.18,19 Wir verwenden dazu dasselbe Behandlungsprotokoll wie bei Hunden mit hypophysärem HAK.
Bezüglich der Behandlung von Katzen mit HAK gibt es bisher nur sehr wenig Information. Es wurde gezeigt, dass Trilostan zu einer klinischen Verbesserung führt, daher ist es möglicherweise auch bei dieser Spezies das Medikament der Wahl. Als initiale Dosis wird meist 30 mg/Katze SID gewählt.20,21
References
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