Diagnostisches Vorgehen bei Erkrankungen von Leber und Gallengängen
World Small Animal Veterinary Association World Congress Proceedings, 2010
Gaby Verburgh-Hoffmann, Dr. med. vet., PhD, DACVIM, DECVIM-CA
University of Utrecht, The Netherlands

Lesen Sie die englische Übersetzung: Diagnostic Approach to Hepatobiliary Diseases in Dogs and Cats (R/U)

Da sich die Erkrankungen der Leber und Gallengänge von Hund und Katze stark unterscheiden, ist auch das diagnostische Vorgehen nicht das selbe. Da bei der Katze viel mehr als beim Hund primäre Gallengangerkrankungen auftreten sind, ist bereits sehr früh im diagnostischen Workup eine Ultraschalluntersuchung der Leber, sowie Feinnadelaspirationen von Leber und Galle indiziert.


 

Erhöhte Leberwerte beim Asymptomatischen Patienten

In einer Studie von mehr als 1000 Blutproben von klinisch gesunden Hunden und Katzen wurde bei 39% eine erhöhte alkalische Phosphatase (ALP) gefunden und bei 17% erhöhte ALT-Werte (1). Biochemische Blut-Testresultate der Leber können in 3 Gruppen kategorisiert werden, die Ausdruck sind von a) hepatozellulärem Schaden b) Cholestase oder c) vermindertem Lebermetabolismus.

Leider ist jedoch kein Lebertest spezifisch genug um eine Differenzierung zwischen primärem oder sekundärem Leberproblem zu erreichen. Somit kann jegliche Veränderung auch durch ein primär nicht-hepatisches Problem verursacht werden. Zudem gibt das Ausmass der Erhöhung eines Leberwertes keine Aussage über die Prognose oder Reversibilität einer Lebererkrankung.

Mein Approach

Sofern bei einem asymptomatischen Patienten keine Erklärung für abweichende Leberwerte gefunden werden kann, ist mein Rat an den praktischen Tierarzt um die Leberwerte nach 4-6 Wochen erneut zu kontrollieren. Eine Ausnahme ist hierbei der Dobermann Pinscher bei dem eine prompte Diagnostik mit Leberbiopsien indiziert ist, da bei dieser Hunderasse eine sehr schnell und aggressiv verlaufende Leberentzündung vorkommt.

Weiterer Workup

Wiederholt abweichende Leberwerte sollten auf eine systematische Art und Weise untersucht werden. Hierzu werden Leberfunktionstests, eine Ultraschalluntersuchung der Leber, sowie die Entnahme von Leberbiopsien (histologische Biopsie beim Hund, Feinnadelaspiration bei der Katze) indiziert.

Leberfunktionstests

Funktionstests der Leber beinhalten die Messung von Bilirubin, Albumin, Glukose, Harnstoff und Cholesterol (2-5).

Albumin wird ausschliesslich in der Leber produziert. Zu tiefe Albuminwerte können aufgrund verminderter Produktion, eines erhöhten Verbrauches oder Verlust, bzw. Verdünnung und Sequestrierung enstehen. Daher kann nach Ausschluss des nephrogenen, gastrointestinalen oder dermatologischen Eiweissverlustes von einer verminderten Produktion aufgrund einer Dysfunktion von mindestens 60% der Leberkapazität ausgegangen werden.

Gerinnungsfaktoren werden in der Leber produziert (mit Ausnahme von Faktor 8). Daher kann eine erhöhte Blutungsneigung einen Leberschaden suggerieren.

Die Konzentration von Gallensäuren im Serum nach 12stündigem Fasten reflektiert die Effizienz und Integrität des enterohepatischen Kreislaufes und ist daher ein ausgezeichneter Funktionstest der Leber. Auch dieser Test ist allerdings nicht spezifisch für eine bestimmte Lebererkrankung, sondern reflektiert lediglich eine Pathologie des hepatobiliären Systems oder der portalen Blutzirkulation.

Sofern gefastete und postprandiale Gallensäuren gemessen werden (2 Stunden nach einer Fett- und eiweissreichen Mahlzeit) kann es in Ausnahmefällen gesehen werden, dass gefastete Werte der Gallensäuren höher sind als Werte nach Stimulation mittels einer Mahlzeit. Mögliche Erklärungen hierfür sind individuelle Variationen der Gallensäureabgabe (zufälliger Peak vor der Entnahme der ersten Blutprobe), sowie eine suboptimale Stimulation.

Heutzutage ist auch die Messung von Gallensäuren im Urin möglich geworden, wobei erhöhte Werte einen den Serum-Gallensäuren entsprechenden diagnostischen Informationswert haben. Ein Vorteil der Messung im Urin besteht in der Einfachheit des Testes zum Screening von Würfen Welpen und Junghunden auf angeborene, portovaskuläre Anomalien (5).

In Utrecht wird bei der Evaluation der Leberfunktion Ammoniak gemessen. Blutproben sollten für diese Messung direkt auf Eis gesetzt werden und eine Analyse sollte innerhalb von 10 Minuten erfolgen. Da Erythrozyten 2-3fach höhere Ammoniakkonzentrationen enthalten als Plasma, kann Hämolyse zu einer Die Sensitivität und Spezifizität der Ammoniakmessung ist sehr hoch zur Erkennung von portovaskulärem Shunting. Die Messung dieses Parameters ist allerdings nicht gut geeignet um die übrige Leberfunktion frühzeitig zu testen, da grosse Teile der Leber stark geschädigt sein müssen um Ammoniak aufgrund eines Leberschadens zu erhöhen. Eine sehr seltene Ursache abnormal hoher Ammoniak-Werte ist eine enzym-Defizienz des Harnstoffzyklus.

Beim Ammoniak Toleranz Test (ATT) wird nach der Bestimmung eines normalen Basalwertes von Ammoniak nach 12stündigem Fasten, rektal Ammoniak zugeführt (2ml/kg Körpergewicht einer 5%igen NH4Cl2 Lösung). Nach 20 und 40 Minuten darf Ammoniak nicht mehr als doppelte Höhe erreichen (jeweils maximal 60 mg/kg, beim Irischen Wolfshund maximal 120 mg/kg).

Ultraschalluntersuchung

Eine Ultraschalluntersuchung ist zur Unterscheidung fokaler von diffusen Leberpathologien sinnvoll, sowie zur Erkennung von Gallengangserkrankungen und portovaskulaeren Anomalien. Zudem kann die Entnahme von Feinnadelaspirationen und Biopsien begleitet werden.

Feinnadelaspiration / Biopsie

Obwohl Feinnadelaspirationen der Leber insbesondere bei bei der Katze diagnostisch sein können und auch beim Hund diffuse, systemische Erkrankungen diagnostiziert werden können, besteht bei dieser Diagnostik die Gefahr einer falschen Interpretationen von Untersuchungsergebnissen. Die beste Korrelation zwischen histologischen Leberbiopsien und Feinnadelaspirationen der Leber besteht bei Tumoren, bakteriellen Infektionen, diffuser vakuolärer Hepatopathie, sowie der neutrophilen Cholangitis der Katze. Die Feinnadelaspiration ist allerdings zur Diagnose einer chronischen Hepatitis beim Hund, sowie der lymphozytären Cholangitis der Katze nicht geeignet. Beim Vorhandensein einer chronischen Hepatitis / Zirrhose sollte eine Kupferfärbung vom Pathologen angefragt werden, um eine Kupferspeicherkrankheit de Leber diagnostizieren zu können.

References

1.  Comazzi S: Journal Small Animal Practice (2004) 45. 343-349.

2.  Webster CRL. In: Ettinger SJ, et al. (editors). Textbook of Veterinary Internal Medicine. St. Louis: Elsevier Saunders (2005).

3.  Center SA, et al. JAVMA (1992); 201(8):1258.

4.  Bunch S. In: Nelson RW, et al. Small Animal Internal Medicine. St. Louis: Mosby (2003).

5.  Trainor et al. J Vet Int Med 17: 145-153 (2003).

 

Speaker Information
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Gaby Verburgh-Hoffmann, Dr. med. vet., PhD, DACVIM, DECVIM-CA
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